Die Arbeit hier in Berchtesgaden

Wilfried • 17. Juli 2025

Ein Beitrag, inspiriert von Nolini Kanta Gupta

Wir bemühen uns nun seit einigen Jahren hier in Berchtesgaden um die Entstehung eines Sri Aurobindo Zentrums mit Ashram-Charakter. Von einem weltlichen Standpunkt aus, vom Standpunkt des bisher Erreichten, kann man sagen, dass sich die Dinge hier sicher besser machen lassen. Es gibt viele Yoga-Zentren und -Schulen, die weitaus besser ausgestattet und organisiert sind. Aber darum geht es uns nicht. Für uns steht die Anstrengung im Vordergrund, sich auf den Yoga vorzubereiten bzw. den Yoga im alltäglichen Leben zu praktizieren. Ich spreche von der Anstrengung im wahrsten Sinne des Wortes: von der Arbeit. Arbeit als ein Mittel zum Yoga. Arbeit ist ein Gebet, das mit dem Körper verrichtet wird – Arbeit, die zuerst als eine Art Vorbereitung getan wird, um uns zu befähigen, die Göttliche Kraft zu empfangen, und die dann als Dienst getan wird, um der Mutter bei der kollektiven Arbeit zu helfen; eine Arbeit, die wir nicht für unseren persönlichen Vorteil tun, sondern um für das Göttliche Werk bereit zu sein. Natürlich kann man die Arbeit hier aus menschlicher Sicht weitaus besser machen. Für uns ist diese besondere Anstrengung jedoch nur eine unter vielen, sie ist lediglich eine Bewegung in unserer Sadhana. Wir sind mit vielen anderen Dingen beschäftigt. Um eine bestimmte Arbeit zur Vollkommenheit zu bringen, braucht man Zeit, Mittel und Ressourcen, die uns nicht zur Verfügung stehen. Wir streben aber nicht nach Vollkommenheit in einer Sache, sondern nach ganzheitlicher Verwirklichung.


Ein Außenstehender mag vieles kritisieren, aber von innen betrachtet ist das, was hier getan wurde, gut gemacht. Von außen betrachtet kommt man mit allen möglichen mentalen, intellektuellen Formationen und findet nichts Ungewöhnliches an dem, was wir hier tun oder hält das, was wir hier getan haben, für schlecht und misslungen oder stehe nicht im Einklang mit Mutters Arbeit. Aber dabei übersieht man, was dahinterliegt: die Liebe und Hingabe an Mutter und Sri Aurobindo, die wir durch Arbeit zum Ausdruck bringen. Ein tieferes Bewusstsein sieht unsere aufrichtige Bemühung. Der Blick von außen erkennt unser spirituelles Leben nicht, sondern beurteilt es nach eigenen, kleinen Maßstäben.


Es gibt viele Zentren, die besser sind als unseres. Wir haben nicht deren Ausstattung und Pracht. Wir lehren keinen Yoga, halten keine Workshops ab, bieten keine Retreats an und veranstalten keine Ausbildungsseminare zum Yogalehrer. Wir bewegen uns in einem anderen Bereich. Für uns zählt nur unsere Beziehung zur Mutter und Sri Aurobindo sowie das, was wir für sie tun wollen. Nur das ist von Interesse.


Es ist unsere Aufgabe, im Wachzustand immer mehr mit der Gegenwart der Mutter in Kontakt zu treten und uns ihrer bewusst zu werden. Die eine Hälfte von uns, – unser inneres Sein –, ist bereits dort und badet in der strahlenden Atmosphäre der Mutter. Wir müssen uns nur dessen bewusst werden und dieses innere Ashramleben wahrnehmen. Die Mutter und Sri Aurobindo sind allgegenwärtig und sehen in jeder Sekunde, was wir tun, denken und fühlen. Und anstatt ganz oder hauptsächlich das äußere Leben, wie es jetzt ist, zu leben, müssen wir dieses Leben in das innere Leben wandeln und allmählich das jetzige äußere dem inneren Leben entsprechend umformen. Das ist unsere Pflicht, unsere Hauptaufgabe. Was wir tun wollen und tun können, ist, eine neue Luft zu atmen und auf bessere und schönere Weise zu leben. Wir können dieses innere Leben führen; es ist bereits vorhanden und erfordert keine großen Schwierigkeiten.


Dieses innere Leben wollen wir in unseren Körper und in all unsere äußeren Aktivitäten bringen. Es ist die Natur dieser inneren Organisation, sich nach außen auszudrücken. Sie will sich ganz spontan ausdrücken und verkörpern. Selbst wenn wir es nicht wissen oder erkennen, kommt sie langsam hervor. Aber nur wenn wir uns dessen bewusst sind, wenn wir mithelfen und mitarbeiten, können wir davon profitieren. Unser Bewusstsein wird wachsen und wir werden ein neues Format erhalten.


Im Augenblick aber gibt es eine Trennung zwischen diesen beiden Welten oder Leben – dem äußeren gewöhnlichen Leben und dem inneren Ashramleben. Sie verlaufen parallel zueinander, sind miteinander verflochten und vermischt und stimmen schlecht überein. Wir wollen sie zu einem einzigen Leben verschmelzen lassen. Das innere Leben muss das äußere aufnehmen und assimilieren. Das äußere Leben muss sich erlauben, gereinigt, von seinem Unrat befreit und vollständig vom inneren Leben in Besitz genommen zu werden. Sie müssen zu einer fortschrittlich gestalteten Einheit werden, zu einem Wesen, einem Leben, einem Körper.


Wie können wir aber immer mehr am inneren Leben teilhaben? Was müssen wir dafür tun? Eigentlich gibt es kein genaues Verfahren oder eine allgemeine Regel, um dies zu lernen oder zu erreichen. Es ist nicht wie das Lernen von Mathematik oder irgendeiner anderen Fähigkeit, die wir uns durch Gewohnheit oder Bildung aneignen. Es ist nichts Mechanisches, sondern ein natürliches Wachsen. Es kommt automatisch und spontan, zeigt sich uns und in uns selbst. Wir müssen es nur aufrichtig wünschen, immer wieder so intensiv wie möglich danach streben und wie ein Mantra wiederholen: „Ich möchte dort sein, ich möchte dort sein, ich möchte dort sein.“ Das genügt vollauf. Dadurch wird in uns das neue Licht, der neue Impuls hervorgeholt, der uns voranführen wird. Es ist der Ruf des Kindes zur Mutter, und die Mutter antwortet immer – mit ihrem Licht, ihrem Leben und ihrer Liebe.


Auch wenn der physische Körper der Mutter nicht mehr hier auf Erden ist, hat sie doch ihr Bewusstsein bei uns gelassen. Es ist immer noch lebendig und wirkt. Sie sagte selbst, dass ihr Bewusstsein immer hier bei uns sein werde, sollte sie ihren Körper jemals verlassen. Aber es ist noch etwas anderes von ihr hier auf Erden geblieben: ihre Liebe. Ihre Liebe zu ihren Kindern ist noch genauso vorhanden wie zuvor. Unser inneres Ashramleben ist das Leben, das sie aus Liebe zu ihren Kindern aufgebaut hat. Durch unsere Liebe zur Mutter, die auf ihre Liebe zu uns antwortet, sollte es uns leichtfallen, an diesem inneren Ashramleben teilzunehmen und uns daran zu erfreuen. Durch das Glühen dieser Liebe werden wir uns allmählich zu dem entwickeln, was sie für uns gewünscht hat, – und letztlich ein kollektives Leben, das durchdrungen ist von Ihrer Gegenwart – ein kollektives Leben, in dem wir alle nicht nur Brüder und Schwestern sind, sondern ein einziger Körper und eine einzige Seele, vereint im liebenden und lebendigen Wesen der Mutter.